Mo, 13. Jan. 2025
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Zeitreise
Tragödie am Burgdorfer Bahnhof im Jahr 1857
Im sechsten Teil der "Zeitreise" geht es um einen tragischen Zwischenfall am Burgdorfer Bahnhof im Jahr 1857.
Vor 168 Jahren ereignete sich eine Tragödie vor dem Burgdorfer Bahnhof:
Bürgermeister Pape wählte am 20. Januar 1857 den Freitod
Es war ein ganz normaler Wintertag, als sich am Morgen des 20. Januar 1857 der Dampfzug von Hannover nach Celle auf der zwölf Jahre vorher fertig gestellten Bahnstrecke von der Landeshauptstadt des Königreichs Hannover nach der Hansestadt Hamburg mit weithin sichtbaren Dampfschwaden dem Burgdorfer Bahnhof näherte. Für den Lokführer war es scheinbar ein Arbeitstag wie jeder andere. Er ahnte nicht, dass sich ein angesehener Bürger der Auestadt seinen Zug ausgewählt hatte, um den Freitod zu wählen. Kurz vor dem Eintreffen im Burgdorfer Bahnhof sprang plötzlich ein Mann auf die Schienen und geriet unter die eisernen Räder der Dampflok. Der völlig überraschte Lokführer hatte trotz einer unverzüglich eingeleiteten Vollbremsung keine Möglichkeit mehr, den Zug zum Halten zu bringen. Der überrollte Mann war sofort tot.
Ein Bild des Schreckens
Dem geschockten Lokführer und heraneilenden Augenzeugen bot sich ein Bild des Schreckens. Es erschien unfassbar. Der völlig entstellte Leichnam war der des Bürgermeisters der Stadt Burgdorf, Georg Christian Pape. Wie war es zu dieser unbegreiflichen Verzweiflungstat gekommen? Wie zerrüttet muss sein Seelenzustand gewesen sein, dass er keinen anderen Ausweg mehr gesehen hatte, als seinem Leben ein brutales Ende zu setzen und seine Ehefau und Kinder zurückzulassen.
Erster hauptamtlicher Bürgermeister
Dem Suizid waren monatelange Anfeindungen einflussreicher Burgdorfer Bürgerdeputierter gegen Pape vorausgegangen, deren Hintergründe sich so darstellen: Bei einer Abstimmung der Bürgerdeputierten im Oktober 1852, bei er es um die Frage ging, die alte Landgemeindeordnung zu behalten oder die neue Städteordnung vom 1. Mai 1851 anzunehmen, hatte sich die Mehrheit für die Städteordnung entschieden. Nach deren Statuten musste das Amt des Bürgermeisters von einem rechtskundigen Bürger hauptamtlich ausgeübt werden. Die Wahl fiel auf den aus Celle stammenden Obergerichtsgewalt Georg Christian Pape, der im Dezember 1852 sein Amt antrat.
Hetzkampagne gegen Pape
Doch eine Gruppe um den ehemaligen Deputierten Gustav Pieper und dem ehemaligen Bürgermeister Wilhelm Willers lehnten diese Städteordnung, die mit höheren Abgabenlasten verbunden war, kategorisch ab und verlangte eine Rückkehr zur Landgemeindeordnung. In Pape sah sie das Feindbild, das diese neue Ordnung verkörperte und den alten Bürgermeister Ernst Hilmer aus dem Amt vertrieben hatte. Ihre Petition an das Königliche Ministerium blieb erfolglos. Bürgermeister Pape sah sich in den folgenden Jahren einer regelrechten Hetzkapagne dieser konservativen Clique ausgesetzt, die um ihren Einfluss fürchtete. Als er diese psychischen Belastungen nicht mehr verkraften konnte, muss er seinen Selbstmord als einzige finale Alternative gesehen haben und fand schließlich auf den Schienen der königlichen Eisenbahn sein tragische Ende. Gustav Pieper rühmte sich nach Papes Tod: „Ich habe im Zug gesessen und den Bürgermeister mit totgefahren. Und es ist gut, daß er weg ist, sonst hätten wir das Unheil noch lange gehabt.“